Klettern boomt trotz Covid

Betreiber von Kletterhallen durch Lockdown erschüttert, aber optimistisch für die Zukunft

Die pandemiebedingten Lockdownphasen haben nicht nur Künstler, Gastronomie sowie Event- und Messeveranstalter überdurchschnittlich getroffen, sondern auch die Kletterhallenbesitzer. Staatliche Hilfen, starke Verbände und individuelle Kreativität haben das Schlimmste verhindert. Einen Treffpunkt für die In- und Outdoor-Kletterbranche, Seil- und Sicherungstechnik sowie Arbeitsschutz bietet die Premiere der Fachmesse Vertical Pro am 19. und 20. November 2021 in Friedrichshafen. „Wir freuen uns sehr auf das persönliche Treffen. Sich vor Ort auszutauschen, über Produkte zu informieren und Equipment auszuprobieren ist und bleibt unverzichtbar und nach über einem Jahr ohne größere Präsenzveranstaltungen dringend notwendig. In der Demo + Test Area wartet daher eine großzügige Fläche zum Testen der vorgestellten Produkte auf alle, die sich beruflich und privat in der Höhe aufhalten“, erklärt Projektleiter Dirk Heidrich.

Die Zahlen sind ernüchternd: Etwa zwei Drittel weniger Jahresumsatz erwarten die Kletterhallen in Deutschland für die „Hallen“-Saison 2020/21. „Das Winterhalbjahr ist mit 60-65 Prozent der Jahreseintritte die stärkste Phase im Jahr“, sagt Elias Hitthaler, DAV-Experte für Kletterhallen, „und die Hallen waren von November bis Mitte April geschlossen.“ Das Problem: Die Fixkosten der Kletterhallen waren da. Miete und vor allem die Kreditrückzahlungen – Kletterhallen verlangen anfangs hohe Investitionen – liefen weiter. Und anders als im Konsumbereich hat es hier keinen nachholenden Boom nach der Wiedereröffnung der Hallen gegeben. Zum einen gab es danach noch Besucherbegrenzungen im Rahmen der Hygienemaßnahmen, zum anderen ist es immer ein Zeitproblem: „Wer im Januar nicht klettern konnte, geht dafür im Juli nicht doppelt so oft,“ erklärt Elias Hitthaler. Trotzdem ist die befürchtete Pleitewelle ausgeblieben. Die DAV-Sektionen waren im Endeffekt für die wesentlichen Corona-Programme berechtigt und dadurch auch überlebensfähig, erzählt er.  „Die Leistungen haben die Schäden ausgeglichen,“ so der Experte. „Allerdings war der Weg dorthin sehr schwer, da viele offene Fragen zu den Hilfen erst spät geklärt werden konnten.“ 

Viele mussten sich durch die Antragsparagrafen alleine durchhangeln. Der geringste Anteil der Hallen in Deutschland sind „Sektions-Hallen“, das Gros sind private (Einzel)Unternehmen. Da hieß es schneller und kreativer sein. In der ersten Welle hat die Kletterhallen-Kette Boulderwelt bereits am 25. April in einem offenen Brief an Joachim Herrmann, den bayerischen Staatsminister für Sport, ein erstes Gesundheitskonzept vorgeschlagen – bevor der DAV oder der Kletterhallen Verband KLEVER aktiv werden konnte.

Andere, wie Camp4, haben Unterstützungskampagnen gestartet unter dem Motto „Hilf deiner Kletterhalle die Covid-19-Krise zu überstehen!“, um die laufenden Kosten zu decken: „Das Geld wird ausschließlich zum Erhalt der Kletterhalle verwendet. Neben der Abdeckung laufender Kosten nehmen wir auch Reparaturen und Erneuerungen vor. Wir möchten in der Form auch wieder etwas an euch zurückgeben. Damit euer Aufenthalt in der Halle noch schöner wird“, kommunizierte Camp4 über eine Internet-Fundingplattform. Die Saison 2021/22 hofft man indes mit 3G oder 2G Reglungen besser zu überstehen. Immerhin ist man überzeugt, mit dem Klettersport einen positiven Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten zu können, denn Klettersport sei gesund und wirke sich positiv auf das Wohlbefinden aus. 

Die Aktivenzahlen schnellen zumindest in die Höhe und vor der Corona-Pandemie hat die Anzahl der Kletterhallen fast exponentiell zugenommen. Die DAV-Statistik bestätigt: „Im Jahr 1989 hat es 20 neue Anlagen in Deutschland gegeben. Elf Jahre später entstanden bereits 180 Anlagen im Jahr und allein im Jahr 2015 kamen weitere 440 Anlagen hinzu.“ Dazu rechnet der DAV mit etwa einer halben Million Sportkletterinnen und -kletterer in Deutschland (vor Covid), wovon geschätzte 76 Prozent DAV-Mitglieder wären. Und noch etwas weiß man aus der DAV-Mitgliederbefragung: Immer mehr Mitglieder gehen in die Hallen zum Klettern oder Bouldern: Waren es 2013 nur 25 Prozent Klettern bzw. 11 Prozent Bouldern, stieg der Anteil 2017 bereits auf 28 Prozent bzw. 20 Prozent und ein Ende des Booms sei nicht abzusehen. Dieses Jahr habe auch Olympia dazu beigetragen, dass „die Sportart noch mehr Aufmerksamkeit im Wettkampfbereich bekommt,“ so Elias Hitthaler.

Die Vertical Pro wird erstmals am 19. und 20. November 2021 in Friedrichshafen als Fachmesse und unter Berücksichtigung des bereits bewährten Schutz- und Hygienekonzeptes stattfinden.

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